
    Kanchipuram ist eine der sieben heiligen Städte der Hindus. Zu diesen
    Orten religiöser Verehrung gehören auch Mathura, die Geburtsstadt
    des Gottes Krishna, Haridwar am oberen Ganges, Ramas Geburtsort Ayodhya, die
    Stadt Dwarka, wo Krishna als König herrschte, Ujiain, wo aller zwölf
    Jahre beim Kumbha-Mela-Fest Sadhus aus ganz Indien zusammenkommen, und als
    bekannteste Stadt das legendäre Varanasi am Ganges. Diese Pilgerstätten
    werden als Tirthas bezeichnet,da sie für die gläubigen Hindus
    einen Übergang zwischen weltlicher und transzendentaler Realität
    bilden.
     
    
Kanchipuram aus der Geschichte
     Im 3. Jahrhundert n. Chr. dehnte die aus Andhra Pradesh stammende Dynastie
    der Pallava ihren Machtbereich auf die Stadt aus und erkor sie bald darauf
    zu ihrer Hauptstadt. Die Pallava taten sich als Förderer des Hinduismus
    hervor, dennoch war Kanchipuram auch ein wichtiges Zentrum des
    Mahayana-Buddhismus und Jainismus.
     
     Ein chinesischer Mönch, der die Stadt im siebten Jahrhundert besuchte,
    wußte von 80 hinduistischen Tempeln und einem buddhistischen Kloster
    zu berichten.
     
     Nach der Eroberung durch die Chola im 9. Jahrhundert büßte
    Kanchipuram zwar seine Rolle als Herrschersitz ein, blieb aber ein wichtiges
    religiöses Zentrum. Ab dem 13. Jahrhundert erlebte es häufig
    wechselnde Herrscher: auf die Chola folgten die Pandya, die Chalukya von
    Badami und das Reich Vijayanagar. Ende des 18. Jahrhunderts geriet
    Kanchipuram unter den Einfluss der Britischen Ostindien-Kompanie.
     
     Heute sind von den mehr als eintausend sakralen Bauwerken nur noch etwa 120
    Tempel übriggeblieben. Dennoch ist Kanchipuram eine der ungewöhnlichsten
    Tempelstädte Indiens. Ihre Gopurams, die gewaltigen Tortürme der
    Tempel, erheben sich eindrucksvoll über der weiten, hitzeflimmernden
    Ebene und sind schon aus der Ferne sichtbar. 
     
    
Kailasanatha-Tempel in Kanchipuram,
    Tamil Nadu
     Der älteste aller noch erhaltenen Tempel, der überwiegend aus
    Sandstein bestehende Kailasanatha-Tempel zu Ehren Shivas, wurde gegen Ende
    des 7. Jahrhunderts unter Weiterentwicklung der Mamallapuram-Architektur
    erbaut. Bis heute hat er kaum bauliche Veränderungen erfahren und gilt
    daher als eines der herausragendsten Beispiele der frühen
    hinduistischen Tempelbaukunst im südindischen Dravida-Stil, in dem
    unter anderem Wandmalereien aus der Erbauungszeit erhalten blieben.
    

Eine
    mehr als zwei Meter hohe Mauer, in die kunstvolle Nischen eingebaut sind,
    umgibt den inneren, überdachten und in seiner Massivität an ein
    Festungsbauwerk erinnernden Tempelbereich. Keine einzige Fläche der
    Mauern ist von den antiken Baumeistern und Steinmetzen eben belassen worden
    - alle sind mit vollendeten figürlichen Darstellungen verziert. In den
    Nischen und Alkoven kann man die immer noch farbenprächtigen Überreste
    der Wandmalereien und Reliefs bewundern, die einst von Künstlern
    geschaffen wurden, über deren Namen und Existenzen das unerbittliche
    Rad der Zeit schon längst hinweggegangen ist. Diese Bildnisse stellen
    allesamt Szenen aus den ältesten indischen Epen dar. Doch neben den
    Abbildern von Arjuna, Krishna, Rama und Lakshmana - den bekannten Helden des
    Mahabharata und Ramayana - finden sich auf den Reliefs auch seltsam modern
    anmutende Darstellungen ganz offensichtlich technischer Fluggeräte.
    Scheibenförmige Objekte schweben über den Köpfen der
    abgebildeten Menschen und Götter. Manche dieser Flugscheiben scheinen
    sich auf einer Säule aus Flammenstrahlen gerade vom Boden zu erheben.
    Andere manövrieren - teilweise sogar im Formationsflug - am Himmel.
     
    
Vaikunta-Perumal-Tempel in
    Kanchipuram, Tamil Nadu
     Der aus dem 8. Jahrhundert stammende, der Gottheit Vishnu geweihte
    Vaikuntha-Perumal-Tempel präsentiert die ausgereiftere Architektur der
    Pallava-Epoche.
     
     Dieses Heiligtum gehört zu den größten sakralen Bauten in
    Kanchipuram. Allein seine Grundfläche bedeckt neun Hektar Land. Der
    Tempel wird von einer gewaltigen Außenmauer aus Granit umgeben. Auch
    sein Gopuram, der Torturm, ist äußerst beeindruckend. Mit einer Höhe
    von mehr als sechzig Metern gehört der aus Granit erbaute, über
    und über mit Abbildern von Göttinnen, Göttern und Helden der
    indischen Mythologie bedeckte Koloß zu den größten Tempeltürmen
    von Kanchipuram. Der aus einem einzigen Granitblock geschnittene, wohl
    mindestens ein halbes Dutzend Tonnen schwere Schlußstein des Gopuram
    mit seinen charakteristischen, an überdimensionale Spulen oder
    Kondensatoren erinnernden Verzierungen, wird nach den Fahrzeugen der
    indischen Gottheiten Vimana genannt.
     
     Im Innern des Tempels umgeben fünf weitere Einfriedungen den
    Zentralbau des Heiligtums und eine Tausend-Säulen-Halle, wie man sie in
    allen südindischen Hindu-Tempeln findet. In Wirklichkeit besteht diese
    Halle allerdings nur aus 540 mit überaus filigranen Steinmetzarbeiten
    geschmückten Granitsäulen, die allesamt Szenen aus dem
    Mahabharata, dem Ramayana und einigen weiteren indischen Epen darstellen.
    Von den Säulen und Erkern lächeln die hinduistischen Götter
    herab, aus Ecken und Winkeln grinsen fratzengesichtige Dämonen.
     
    
Ekambaresvara-Tempel in
    Kanchipuram, Tamil Nadu, Indien
     Der Ekambaresvara-Tempel ist der grösste Tempel Kanchipurams und
    diente über 1300 Jahre der Andacht. Aber erst 1509 wurde er zu Ehren
    Shivas um einen heiligen Mangobaum gebaut, dessen Ableger man heute nach
    Durchschreiten der 1000-Säulen-Halle noch sehen kann. Der 58 m hohe
    Gopuram über dem Südtor ist typisch für die spätere
    Dravida-Architektur.
     
     Das eigentliche Heiligtum liegt in einem der fünf Innenhöfe des
    Komplexes und umfasst zwei Vorhallen. Auf dem mehrere Hektar großen
    Gelände befinden sich zahlreiche kleinere Schreine sowie zwei Teiche. 
     
    
 Heimindustrie
    von Kanchipuram, Tamil Nadu, Indien
Heimindustrie
    von Kanchipuram, Tamil Nadu, Indien
     Wie schon erwähnt ist Kanchipuram auch bekannt für seine Seide.
    Die Seide, die hier hergestellt wird, soll zu der besten Seide gehören,
    die man in Indien zu kaufen bekommt. Alle Seidenprodukte sind hier noch per
    Hand gewebt. Aus der Seide werden vorwiegend Saris gewoben, die im
    allgemeinen die Kleidung meist verheirateter Frauen darstellt. Viele der
    hier hergestellten Saris sind für vornehme Anlässe vorgesehen und
    dienen nicht als Alltagskleidung. Dem entsprechend viel Geld kann man für
    die Saris hier auch ausgeben. Das Weben eines Saris beschäftigt
    durchaus zwei Weber 14 Tage lang. Außer den Saris gibt es natürlich
    auch andere Seidenprodukte, wie zum Beispiel Schals und Kopftücher.
    Daneben gibt es Baumwollwebereien, bei denen man den Arbeitern ebenfalls bei
    der Arbeit zusehen kann.